Der 8. Senat des Bundesarbeitsgerichts hat mit Urteil vom 12.12.2013 (Az. 8 AZR 838/12) entschieden, dass einer schwangeren Arbeitnehmerin eine Entschädigung zustehen kann, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis wegen der Schwangerschaft kündigt (geschlechtsspezifische Benachteiligung).

Im konkreten Fall galt für die Arbeitnehmerin zwar das Kündigungsschutzgesetz nicht, da der Arbeitgeber lediglich einen Kleinbetrieb führte (= Beschäftigung von regelmäßig weniger als Arbeitnehmern); aufgrund der Schwangerschaft stand der Arbeitnehmerin jedoch der besondere Kündigungsschutz nach dem Mutterschutzgesetz zu. Dieser besondere Kündigungsschutz gilt unabhängig von der Größe des Betriebs. Aufgrund eines auf medizinischen Gründen beruhenden Beschäftigungsverbots durfte der Arbeitgeber die Arbeitnehmerin Anfang Juli 2011 nicht mehr beschäftigen. Der Arbeitgeber hielt die Arbeitnehmerin jedoch dazu an, trotzdem zu arbeiten. Diesem Anliegen widersetzte sich die Arbeitnehmerin. Am 14. Juli verlor die Klägerin dann ihr Kind. Nach Rückkehr aus dem Krankenhaus fand die Klägerin am 16. Juli die Kündigung ihres Arbeitgebers vom 14. Juli in ihrem Briefkasten vor.

Das Bundesarbeitsgericht bestätigte die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts. Der Klägerin steht damit eine Entschädigung in Höhe von EUR 3.000,00 zu. Grund hierfür ist, dass die Klägerin wegen ihrer Schwangerschaft ungünstiger behandelt worden sei. Dies stellt eine Benachteiligung wegen des Geschlechts dar, § 3 Abs. 2 Satz 2 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG).

Praxishinweis:

Im vorliegenden Fall handelt es sich sicherlich um einen schwerwiegenden Fall einer Diskriminierung. So hatte die Vorinstanz die Höhe der Entschädigungszahlung wie folgt gerechtfertigt:

„Ausgehend hiervon bedurfte es vorliegend der Festsetzung einer Entschädigung in Höhe des von der Klägerin genannten Mindestbetrages von 3.000,00 €. Die Benachteiligung der Klägerin durch die Kündigung vom 14.07.2011 ist schwerwiegend. Sie ist aus Sicht des Gerichtes die völlig unangemessene Reaktion der Beklagten bzw. ihres Geschäftsführers auf die Weigerung der Klägerin, während des Beschäftigungsverbotes zu arbeiten. Berücksichtigt man des Weiteren den Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung und die Tatsache, dass die Beklagte die Klägerin bewusst und gewollt benachteiligt hat, so kann man das Verhalten der Beklagten getrost als auf moralisch unterster Stufe stehend bezeichnen. Um der Sanktionswirkung des § 15 Absatz 2 AGG Rechnung zu tragen und um die Beklagte in Zukunft von einem vergleichbaren Fehlverhalten abzuschrecken, bedarf es der Festsetzung eines erheblichen und für die Beklagte fühlbaren Entschädigungsbetrages. Vor dem Hintergrund der geringen Betriebsgröße der Beklagten erscheint insoweit ein Betrag in Höhe von 3.000,00 € als angemessen aber auch ausreichend.“

Diskriminierungen wegen des Geschlechts oder bspw. wegen des Alters sind keine Seltenheit im Arbeitsalltag. Teilweise können solche Diskriminierungen schwer nachgewiesen werden. Oft genug jedoch verhalten sich Arbeitgeber im Vorfeld entsprechend eindeutig, indem sie ihr diskriminierendes Verhalten auch noch gegenüber der anderen Partei kundtun. Im vorliegenden Fall konnte der Arbeitgeber nicht darlegen und beweisen, dass seine Kündigung aus einem anderen (rechtmäßigem) Grund erfolgt ist. Egal ob Vorstellungsgespräch, laufender Arbeitsalltag oder im Falle einer Kündigungssituation: Als Arbeitgeber sollte man jegliche diskriminierungs-verdächtigen Kommentare unterlassen. Bereits eine an eine Bewerberin im Vorstellungsgespräch gerichtete Frage, wie es denn mit der Familienplanung aussehe, kann schwere Folgen nach sich ziehen. Umgekehrt sollten Arbeitnehmer jegliche verdächtigen Kommentare nach Ort, Zeit, Inhalt und beteiligten Personen schriftlich festhalten. Die Höhe einer potenziellen Entschädigungszahlung kann dabei auch von der Betriebsgröße abhängen.

Allgemein zum Thema Schwangerschaft und Arbeitsschutz:
Unabhängig von der Betriebsgröße gilt der besondere Kündigungsschutz – während der Schwangerschaft sowie bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Schwangerschaft. Dies ist in § 9 Mutterschutzgesetz verankert. Dort heißt es in Satz 1:

„Die Kündigung gegenüber einer Frau während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung ist unzulässig, wenn dem Arbeitgeber zur Zeit der Kündigung die Schwangerschaft oder Entbindung bekannt war oder innerhalb zweier Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird; das Überschreiten dieser Frist ist unschädlich, wenn es auf einem von der Frau nicht zu vertretenden Grund beruht und die Mitteilung unverzüglich nachgeholt wird.“

Selbst wenn der Arbeitgeber also bei Ausspruch der Kündigung keine Kenntnis von der Schwangerschaft besaß, kann die Arbeitnehmerin sich auf den Kündigungsschutz berufen. Voraussetzung ist allerdings, dass der Arbeitgeber innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung Kenntnis von der Schwangerschaft erlangt. Diese Frist kann nach Satz 2 auch überschritten werden, wenn die Arbeitnehmerin bspw. bei Zugang der Kündigung zwar schon schwanger war, hiervon jedoch noch keine Kenntis besaß. Sie muss den Arbeitgeber dann jedoch unverzüglich informieren.