Betriebsbedingte Kündigungen kommen oft in Begleitung eines Sozialplans. Hier erfahren Arbeitnehmer, was ihnen ein Sozialplan nützt und welche Fehler sie keinesfalls machen sollten.

1. Was ist ein Sozialplan?
2. Ist die Kündigung trotz Sozialplan angreifbar?
3. Gibt es immer eine Abfindung und wie hoch ist sie?
4. Wie wird ein Sozialplan vereinbart?
5. Kommt immer ein Sozialplan zustande?
6. Können Arbeitnehmer vom Sozialplan ausgeschlossen werden?
7. Was bringt Arbeitnehmern ein Interessenausgleich?
8. Fazit

1. Was ist ein Sozialplan?

Möchte ein Unternehmen kosten sparen, strukturiert es oft den Betrieb um. Häufig führt das zum Abbau von Stellen. Arbeitgeber und Betriebsrat handeln dann in der Regel einen Sozialplan aus, um die wirtschaftlichen Folgen der Betriebsänderung für betroffene Arbeitnehmer abzumildern. Diese Vereinbarung sieht konkrete Maßnahmen vor, wie die Arbeitnehmer unterstützt werden. Gängig sind zum Beispiel solche Inhalte:

• Abfindungen
• Umzugskostenerstattung
• Übernahme in eine Transfergesellschaft, die sich um eine Neuanstellung und Weiterbildung bemüht
• Angebot und Kostentragung von sonstigen Weiterbildungs- oder Umschulungsmaßnahmen
• Erstattung von Bewerbungskosten.

Der Sozialplan wirkt wie eine Betriebsvereinbarung, sodass der Arbeitgeber an die Einigung gebunden ist. Der Arbeitgeber kann daher nicht einfach vom Sozialplan abweichen.

2. Ist die Kündigung trotz Sozialplan angreifbar?

Ja, das ist sie. Viele Arbeitnehmer glauben, eine Klage gegen eine Kündigung mit Sozialplan ergebe keinen Sinn. Das ist ein Trugschluss.

Achtung: Arbeitnehmer haben allerdings (wie nach jeder Entlassung) nur drei Wochen Zeit, um Klage zu erheben. Verstreicht diese Frist, ist der Arbeitsplatz unwiederbringlich verloren.

Erhebt der Arbeitnehmer Klage, prüft das Gericht die Kündigung genauso streng, wie in allen anderen Fällen. Der Arbeitgeber muss daher hohen Anforderungen gerecht werden. Häufig gelingt ihm das nicht und Arbeitnehmer können ihren Arbeitsplatz retten (bzw. eine hohe Abfindung erzielen – je nach Vorstellung des Arbeitnehmers). Diese Fehler können Arbeitgeber (neben vielen anderen) zum Beispiel machen:

• Das Gesetz verpflichtet den Arbeitgeber, vorrangig diejenigen zu entlassen, die eine Kündigung am ehesten verkraften können (Sozialauswahl). Welche Arbeitnehmer das sind, ist genau festgelegt. Häufig wählen Arbeitgeber die falschen Mitarbeiter aus.
• Kündigungen mit Sozialplan sind meist sog. Massenentlassungen. Diese sind nur unter Beachtung besonderer formeller Voraussetzungen zulässig. Auch diese missachten Arbeitgeber immer wieder.
• Der Betriebsrat ist – trotz ohnehin laufender Verhandlungen – zu jeder einzelnen Kündigung anzuhören. Nicht selten vermengt der Arbeitgeber Anhörung und Verhandlungen. Dann sind die Kündigungen unwirksam.

Der Kündigungsschutz ist nur eingeschränkt, wenn ein sog. Interessenausgleich mit Namensliste vereinbart wurde (zum Interessenausgleich s. noch unten). Dieser nennt einzelne zu entlassende Mitarbeiter mit Namen. Folgende Einschränkungen werden dann beim Kündigungsschutz gemacht:

• Für gewöhnlich muss der Arbeitgeber beweisen, dass die betrieblichen Bedingungen eine Kündigung zulassen. Steht der Name des Arbeitnehmers auf der Namensliste, wird dies hingegen vermutet.
• Die Sozialauswahl (s.o.) ist nur auf grobe Fehler hin überprüfbar.

Allerdings sind selbst solche Kündigungen nicht unangreifbar. Die o.g. häufigen Fehler bei einer Kündigung können überwiegend auch in diesen Fällen vorliegen. Daneben kann die Sozialauswahl so kompliziert sein, dass grobe Fehler nicht gänzlich ausgeschlossen sind.

3. Gibt es immer eine Abfindung und wie hoch ist sie?

Betriebsrat und Arbeitgeber dürfen den Sozialplan nach eigenem Ermessen aushandeln. Eine Abfindungsregelung ist Standard, aber kein Muss. Auch die Kriterien der Abfindungshöhe können frei festgelegt werden.

Meist bestimmen die Parteien keinen festen Betrag. Stattdessen einigen sie sich auf eine Formel, nach der sich die Abfindungshöhe berechnet. Folgende Kriterien sind klassischerweise relevant:

• Lebensalter
• Dauer der Betriebszugehörigkeit
• Bruttoverdienst

Oft sind daneben Sonderzahlungen für bestimmte Mitarbeitergruppen vorgesehen, z.B. Eltern und Schwerbehinderte.

Übrigens darf die Abfindung nicht davon abhängig gemacht werden, dass der Arbeitnehmer keine Klage erhebt. Solche Bedingungen sind nur außerhalb eines Sozialplans zulässig.

Wichtig: Die Abfindung ist zunächst einmal nur ein Angebot des Arbeitgebers. Arbeitnehmer sind nicht daran gehindert, einen höheren Betrag auszuhandeln. Häufig bestehen sogar gute Erfolgschancen auf eine bessere Einigung. Denn der Arbeitgeber ist im Rahmen seiner Betriebsänderung sehr daran interessiert, dass entlassene Mitarbeiter keine Klage erheben. Sieht er in diesem Zusammenhang ein hohes Risiko, zahlt er oft mehr. Das lässt sich u.a. so erreichen:

• Der Arbeitnehmer klagt gegen die Kündigung und einigt sich vor Gericht mit dem Arbeitgeber auf einen höheren Betrag (sog. gerichtlicher Vergleich). Im Gegenzug lässt der Arbeitnehmer die Klage fallen.
• Arbeitnehmer und Arbeitgeber einigen sich auf einen Aufhebungsvertrag. Darin akzeptiert der Arbeitnehmer das Ende des Arbeitsvertrages (ohne Kündigung) und erhält im Gegenzug eine höhere Abfindung.
• Eine ähnliche Einigung ist auch nach der Kündigung noch möglich (innerhalb der Drei-Wochen-Frist). Man spricht dann von einem Abwicklungsvertrag. Der Arbeitnehmer sichert darin zu, keine Klage zu erheben und erhält im Gegenzug eine höhere Abfindung.

4. Wie wird ein Sozialplan vereinbart?

Ein Sozialplan wird zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ausgehandelt. Der Betriebsrat vertritt hierbei die Interessen der Arbeitnehmer.

Zunächst kann der Betriebsrat natürlich nur dann einen Sozialplan aushandeln, wenn er von der Betriebsänderung weiß. Der Arbeitgeber ist daher gemäß § 111 BetrVG verpflichtet, den Betriebsrat von einer geplanten Betriebsänderung in Kenntnis zu setzen. Bloße Vorüberlegungen lösen diese Pflicht noch nicht aus. Sobald der Arbeitgeber jedoch konkrete Vorstellungen hat, muss er den Betriebsrat benachrichtigen.

Anschließend überlegen Arbeitgeber und Betriebsrat gemeinsam, wie die betroffenen Arbeitnehmer unterstützt werden können. Ein Sozialplan kann für den Arbeitgeber sehr kostenintensiv werden. Gesucht wird daher ein Kompromiss zwischen den Vorstellungen des Arbeitgebers und denen des Betriebsrats. Gelingt die Einigung, wird der Sozialplan schriftlich niedergelegt und von Arbeitgeber und Betriebsrat unterschrieben.

Aufgrund der widerstreitenden Interessen ist eine Einigung gelegentlich nur schwer möglich. Scheitern die Verhandlungen, können Arbeitgeber oder Betriebsrat die Einigungsstelle (oder die Bundesagentur für Arbeit) als Vermittlerin einschalten und einen erneuten Verhandlungsversuch unternehmen. Misslingt auch dies, entscheidet die Einigungsstelle selbst über den Sozialplan. Er wird dann also „erzwungen“.

5. Kommt immer ein Sozialplan zustande?

Fast jede Betriebsänderungen führt zu einem Sozialplan. Es müssen allerdings folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

• Es gibt einen Betriebsrat.
• Das Unternehmen hat in der Regel mehr als 20 Arbeitnehmer.
• Die Betriebsänderung bringt wesentliche Nachteile für die Arbeitnehmer mit sich (was bei Kündigungen stets der Fall ist).
• Zumindest ein erheblicher Teil der Belegschaft ist betroffen (Orientierung bieten die Schwellwerte aus § 17 Abs. 1 KSchG).

6. Können Arbeitnehmer vom Sozialplan ausgeschlossen werden?

Der Sozialplan soll vor allem Arbeitnehmern helfen, die aufgrund der Betriebsänderung entlassen werden.

Grundsätzlich ausgeschlossen von den Vorzügen des Sozialplans sind daher Arbeitnehmer, die nicht wegen der Betriebsänderung, sondern aufgrund ihres Verhaltens oder eines in ihrer Person liegenden Grundes entlassen werden.

Beispiele: Kündigung wegen Krankheit, Mobbing, Schlechtleistung, sexueller Belästigung, Beleidigung

Daneben vereinbaren Betriebsrat und Arbeitgeber oftmals, dass auch Arbeitnehmer, die selbst kündigen („Eigenkündigung“) oder einen Aufhebungsvertrag unterschreiben, vom Sozialplan ausgeschlossen sein sollen. Eine solche Regelung ist zwar grundsätzlich zulässig, in vielen Fällen aber unwirksam. Ein Arbeitnehmer hat auch bei einer Eigenkündigung und einem Aufhebungsvertrag Anspruch auf eine Sozialplanabfindung, wenn der Arbeitgeber die Auflösung des Arbeitsverhältnisses „veranlasst“ hat. Wann eine Veranlassung vorliegt, ist stark einzelfallabhängig. Grundsätzlich gilt aber: Eigenkündigung oder Aufhebungsvertrag sind dann veranlasst, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer berechtigten Anlass gegeben hat, von einer bevorstehenden Kündigung auszugehen und der Arbeitnehmer dieser Kündigung zuvorkommen wollte.

Beispiel: Der Vorgesetzte sagt zum Arbeitnehmer, dass das Unternehmen Entlassungen durchführen müsse und für ihn nichts mehr tun könne.

In jedem Fall sollten Arbeitnehmer in einer solchen Lage zunächst einen Fachanwalt für Arbeitsrecht ansprechen, bevor sie selbst kündigen.

7. Was bringt Arbeitnehmern ein Interessenausgleich?

Der Sozialplan widmet sich den Folgen der Betriebsänderung für die betroffenen Arbeitnehmer. Er behandelt jedoch nicht die Betriebsänderung selbst. Das Ob, Wie und Wann der Betriebsänderung wird daher nicht im Sozialplan, sondern im sog. Interessenausgleich geregelt.
Ein Interessenausgleich kann beispielsweise folgende Themen behandeln:

• Wie viele Arbeitnehmer sollen entlassen werden?
• Welche Arbeitnehmer werden entlassen (zum bestehenden Kündigungsschutz trotz Namensliste s.o.)?
• Wann sollen die Entlassungen durchgeführt werden?
• Welche Abteilungen sollen geschlossen oder verlegt werden?

Interessenausgleich und Sozialplan stehen nebeneinander. Beide werden durch Betriebsrat und Arbeitgeber ausgehandelt. So fließen bereits im Vorhinein die Interessen der Belegschaft in die Betriebsänderung ein.

Im Gegensatz zu einem Sozialplan ist ein Interessenausgleich aber nicht erzwingbar. Die Zustimmung des Arbeitgebers lässt sich also nicht ersetzen.

Der Arbeitgeber ist jedoch verpflichtet, mit dem Betriebsrat über einen Interessenausgleich ernsthaft zu verhandeln. Auch ist er an einen vereinbarten Interessenausgleich gebunden. Verhandelt er nicht über einen Interessenausgleich, bricht die Verhandlungen verfrüht ab oder weicht ohne Grund von einem vereinbarten Interessenausgleich ab, können Arbeitnehmer unter Umständen einen sog. Nachteilsausgleich beanspruchen. Im Rahmen des Nachteilsausgleichs können sie dann gegebenenfalls eine Abfindung sowie Ersatz entstandener Nachteile fordern.

8. Fazit
• Ein Sozialplan ändert nichts am (hohen!) Kündigungsschutz. Der Maßstab ist nur eingeschränkt, wenn ein Interessenausgleich mit Namensliste vorliegt.
• Kündigungen mit Sozialplan sollten daher von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht überprüft werden.
• Ein Sozialplan sieht in den meisten Fällen eine Abfindung vor. Oft lässt sich auf anderem Wege ein höherer Betrag aushandeln.
• Ein Interessenausgleich regelt nicht die Folgen einer Betriebsänderung, sondern ihr Ob, Wie und Wann.