Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Coronakrise treffen die meisten Arbeitgeber erst nach und nach. Insbesondere mangelnde Nachfrage und coronabedingte Beschränkungen machen Entlassungen oft unausweichlich.
Arbeitgeber sollten einige Fallstricke beachten, wenn Sie während bzw. „wegen Corona“ kündigen. Diese erklären wir in diesem Beitrag.

1. Wann kommt eine Kündigung „wegen Corona“ in Betracht?
2. Kann in der Corona-Krise betriebsbedingt gekündigt werden?
3. Ist auch eine fristlose Kündigung wegen Corona möglich?
4. Welche Stolperfallen gibt es?
5. Ist die Kündigung bei Kurzarbeit möglich?
6. Können Arbeitnehmer wegen Quarantäne oder Infektion gekündigt werden?
7. Fazit

1. Wann kommt eine Kündigung wegen Corona in Betracht?

In den meisten Fällen kann ein Arbeitgeber nicht einfach „wegen Corona“ kündigen. Entscheidend ist vor allem, ob für den Arbeitnehmer das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) gilt. Ein Arbeitnehmer genießt unter den folgenden Voraussetzungen den Kündigungsschutz des KSchG:

• Im Betrieb sind regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt (§ 23 Abs. 1 KSchG) und
• der Arbeitnehmer ist schon länger als 6 Monate beim Arbeitgeber angestellt (§ 1 Abs. 1 KSchG).

Wenn Betrieb und Arbeitnehmer diese Voraussetzungen erfüllen, braucht der Arbeitgeber für seine Kündigung einen Kündigungsgrund. In Frage kommt insbesondere die betriebsbedingte Kündigung. Dazu erfahren Sie Genaueres in den folgenden Abschnitten.

Im Umkehrschluss gilt in Kleinbetrieben mit 10 oder weniger Arbeitnehmern und während der Probezeit kein Kündigungsschutz. Bei den mehr als 10 Arbeitnehmern muss es sich um Vollzeit-Arbeitnehmer handeln oder anders formuliert Teilzeitkräfte zählen nicht voll. Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen.

In diesen Fällen braucht der Arbeitgeber daher auch keinen bestimmten Kündigungsgrund. Es steht ihm dann frei, Arbeitnehmer wegen der Corona-Krise zu entlassen. Auch hier darf er allerdings nicht willkürlich kündigen. Außerdem sollte der Arbeitgeber auch in Kleinbetrieben und in der Probezeit mit der Kündigung kein erlaubtes Verhalten des Arbeitnehmers „abstrafen“.

Beispiel: A ist in einem Betrieb mit sechs Arbeitnehmern beschäftigt. Er muss zu Hause bleiben, weil seine kleinen Kinder wegen der Corona-Krise nicht anderweitig betreut werden können. Das passt seinem Arbeitgeber nicht und er kündigt A mit entsprechender Begründung. Eine Kündigung aus diesem Grund wäre jedoch unwirksam, da das Verhalten des A (hier unterstellt) rechtlich erlaubt war.
Tipp für Arbeitgeber: In dem Beispiel scheitert es an der Begründung der Kündigung. Der Fehler lässt sich leicht vermeiden: Eine Kündigung muss und sollte nicht begründet werden.

2. Kann in der Corona-Krise betriebsbedingt gekündigt werden?

Viele Betriebe haben mit Umsatzeinbrüchen zu kämpfen. Dem Arbeitgeber steht es dann frei, Einsparungen vorzunehmen und Arbeitsplätze wegfallen zu lassen.
Er hat bei einer solchen „betriebsbedingten“ Kündigung zwei Möglichkeiten:
• Er kann die Kündigung direkt auf die gesunkenen Umsätze stützen (außerbetriebliche Gründe).
• Er kann den Betrieb durch eine Umstrukturierung an die geänderten Umstände anpassen und die Kündigung auf diese Umgestaltung des Betriebs stützen (innerbetriebliche Gründe).
Was zunächst wie eine nebensächliche Unterscheidung klingt, hat in der Praxis weitreichende Folgen. Der Arbeitgeber muss nämlich bei außerbetrieblichen Gründen darlegen und beweisen, dass die Umsätze voraussichtlich auf unabsehbare Zeit reduziert sein werden und aus diesem Grund dauerhaft Arbeitsplätze wegfallen. Auch im Zusammenhang mit der Corona-Krise ist dieser Nachweis in der Regel nicht einfach und sollte sehr gut vorbereitet werden.
Meist ist es daher für den Arbeitgeber leichter, die Kündigungen mit einer Umstrukturierung des Betriebs zu begründen. Auch hier sind die Anforderungen an eine entsprechende Begründung jedoch hoch und sollten sehr gut vorbereitet werden. Es ist dann aber möglich, wenn man ansatzweise darstellen kann, dass Arbeitsplätze tatsächlich entfallen sind.

Aber Achtung: Die betriebsbedingte Kündigung ist kein Freifahrtschein. Wir haben schon Richter erlebt, die im Gütetermin mitteilten, dass sie in ihrer 20-jährigen Richterlaufbahn noch nie eine einzige wirksame betriebsbedingte Kündigung auf dem Tisch liegen hatten. Das ist natürlich ein Extrem, aber dass betriebsbedingte Kündigungen vor Gericht halten, ist alles andere als einfach. Wir erleben das ja regelmäßig auch auf der Gegenseite, wie selbst sehr renommierte Kanzleien mit ihren Begründungen Schiffbruch erleiden. Es wird einfach zu oft unterschätzt. Weiter unten zeigen wir Ihnen einige typische Stolperfallen, die unbedingt vermieden werden sollten. Um Kosten zu sparen, sollten Arbeitgeber sich vor Kündigungen durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht beraten lassen, der sich mit betriebsbedingten Kündigungen auskennt.

3. Ist auch eine fristlose Kündigung wegen Corona möglich?

Für die ordentliche Kündigung gilt eine gesetzliche Kündigungsfrist. Diese richtet sich nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit und beträgt oft mehrere Monate. Die genaue Frist kann in § 622 BGB nachgelesen werden.
Nur in Ausnahmefällen kann der Arbeitgeber ohne Einhaltung dieser Frist kündigen. Dann endet das Arbeitsverhältnis sofort mit Zugang der Kündigung. Aufgrund der besonderen Härte einer solchen „außerordentlichen“ Kündigung ist das jedoch die Ausnahme.

Im Zusammenhang mit der Corona-Krise wird die fristlose Kündigung meist nicht möglich sein. Denkbar ist beispielsweise, dass ein Mitarbeiter in einer Gesundheitseinrichtung wiederholt gegen elementare Hygienevorschriften verstößt und so Mitarbeiter und Patienten massiv gefährdet (verhaltensbedingte Kündigung).

Außerdem kommt eine außerordentliche Kündigung in Betracht, wenn eine ordentliche Kündigung nicht möglich ist.

Beispiel: Arbeitnehmer A kann wegen einer Regelung im Tarifvertrag nicht ordentlich gekündigt werden (sogenannte ordentliche Unkündbarkeit). Sein Arbeitgeber muss wegen der Corona-Krise aber seinen Betrieb schließen. In dieser Ausnahmesituation kann er A außerordentlich kündigen.
Aber: In diesen Fällen gilt zwar eigentlich keine Kündigungsfrist, der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer aber eine sogenannte „soziale Auslauffrist“ gewähren. Diese ist in der Regel so lange wie die sonst geltende Kündigungsfrist. Auch hier kann der Arbeitnehmer daher nicht fristlos entlassen werden.

4. Welche Stolperfallen gibt es?

Gerade bei der betriebsbedingten Kündigung lauern einige Stolperfallen für Arbeitgeber. Wer sie außer Acht lässt, riskiert hohe Aufwendungen für Abfindung und Prozesskosten. Insbesondere sind folgende typische Fehler zu beachten:

• Oftmals scheitert es schon an der Darstellung der unternehmerischen Entscheidung. Hier muss detailliert dargelegt werden, wer, wann und wo welche Entscheidung getroffen hat. Es reicht bspw. nicht aus, wenn man einfach nur mitteilt, dass die Geschäftsführung am 13.11.2020 der Belegschaft mitgeteilt hat, dass man den Bereich „Buchhaltung“ outsourcen werde. Entscheidend ist, dass man darstellt, wann und wo welche Mitglieder der Geschäftsführung die Entscheidung getroffen haben, nicht wann sie mitgeteilt worden ist. Es klingt für den Laien danach, als sei es kein Unterschied, aber so haben wir schon Verfahren gewonnen wegen solcher Kleinigkeiten – trotz anwaltlicher Vertretung auf der Gegenseite.

• Die Kündigung ist nicht wasserdicht vorbereitet: Weil eine Kündigung immer nur das letzte Mittel sein darf, muss der Arbeitgeber zunächst weniger einschneidende Maßnahmen prüfen. In Frage kommt zum Beispiel der Abbau von Überstunden oder die Reduzierung von Leiharbeit im Betrieb.

• Andere Stellen kommen in Betracht: Der Arbeitgeber darf nur kündigen, wenn eine Weiterbeschäftigung im Unternehmen auf einer anderen Stelle nicht möglich ist. Dafür müssen auch zumutbare Umschulungen vorgenommen werden. Hier sollte man daher die eigenen Karriereanzeigen im Internet und im Intranet prüfen. Der versierte Arbeitnehmervertreter schaut hier direkt drauf und fertigt Screenshots an.

• Die Sozialauswahl ist fehlerhaft: Der Arbeitgeber muss bei einer betriebsbedingten Kündigung denjenigen Arbeitnehmern zuerst kündigen, die sozial am wenigsten schutzwürdig sind. Die Faktoren dafür sind das Lebensalter, die Dauer der Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten und eine etwaige Schwerbehinderung. Wenn dem Arbeitgeber hier Fehler unterlaufen, ist die Kündigung rechtswidrig. Ein langer und kostenintensiver Kündigungsschutzprozess kann dann folgen. Arbeitgeber sollten sich daher vor einer Kündigung anwaltlich beraten lassen, um teure Fehler zu vermeiden. Unter bestimmmten Umständen kann man vorher Arbeitnehmer aus der Sozialauswahl herausnehmen, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen, auch das muss aber vorbereitet sein.

5. Ist die Kündigung bei Kurzarbeit möglich?

Anstatt die Belegschaft zu reduzieren, kann der Arbeitgeber auch die Arbeitszeit reduzieren und Kurzarbeitergeld beantragen. Diese Möglichkeit wird nach wie vor vielfach genutzt. Die maximale Bezugsdauer ist sogar bis zum 31.12.2021 verlängert worden.
Grundsätzlich kann Arbeitnehmern auch in der Kurzarbeit gekündigt werden. Dabei gibt es jedoch eine Besonderheit zu beachten: Bei einer betriebsbedingten Kündigung muss der Arbeitgeber oft darlegen, dass Arbeitsplätze dauerhaft wegfallen. Mit der Entscheidung für Kurzarbeit hat der Arbeitgeber aber gezeigt, dass er nur von einem vorübergehenden Arbeitsmangel ausgeht. Gerichte sehen Kurzarbeit daher als Indiz, dass die Arbeitsplätze nicht dauerhaft wegfallen. Der Arbeitgeber muss bei einer Kündigung während der Kurzarbeit dann darlegen, warum sich seine Einschätzung nun geändert hat.
Anders gesagt ist eine Kündigung während der Kurzarbeit nur möglich, wenn zu den Gründen für die Kurzarbeit neue Gründe hinzugekommen sind. Bei der betriebsbedingten Kündigung sind vor allem folgende Fälle denkbar:
• Die Umsätze des Unternehmens sinken noch weiter und bleiben dauerhaft auf niedrigem Niveau.
• Der Arbeitgeber entscheidet sich, den Betrieb grundlegend umzustrukturieren.
Aber Achtung: Sobald ein Arbeitnehmer gekündigt wird, kann er kein Kurzarbeitergeld mehr beziehen (§ 98 I Nr. 2 SGB III). Kurzarbeitergeld soll den Arbeitsplatz erhalten und nicht etwa den Arbeitgeber während der Kündigungsfrist entlasten. Der Arbeitgeber muss seinem Arbeitnehmer daher bei einer Kündigung während der Kurzarbeit grundsätzlich wieder selbst seinen Lohn zahlen. Ungeklärt ist bisher, in welcher Höhe der Arbeitnehmer seinen Lohn fordern kann.
Betriebsbedingte Kündigungen sind auch nach dem Ende der Kurzarbeit möglich. Das könnte beispielsweise der Fall sein, wenn sich die Unternehmenslage entgegen früheren Einschätzungen des Arbeitgebers doch nicht wieder bessert oder sogar verschlechtert. Hier gelten daher wieder die oben geschilderten Voraussetzungen einer betriebsbedingten Kündigung.

6. Können Arbeitnehmer wegen Quarantäne oder Infektion gekündigt werden?

Leider treten in einigen Betrieben auch Infektionen oder Verdachtsfälle einer Corona-Infektion auf. Betroffene Mitarbeiter fallen mindestens aus, bis das Testergebnis vorliegt. Als Arbeitgeber könnte man daher versucht sein, den betroffenen Arbeitnehmer zu kündigen.
Eine solche personen- bzw. krankheitsbedingte Kündigung ist hier aber regelmäßig nicht möglich. Denn es muss eine negative Prognose vorliegen. Das heißt: Es muss zu erwarten sein, dass der Arbeitnehmer auch zukünftig nicht oder nur eingeschränkt arbeiten kann. Das ist bei Corona gerade nicht der Fall.

7. Fazit

• Auch bei einer Kündigung wegen Corona muss der Kündigungsschutz des Arbeitnehmers beachtet werden.
• Bei guter Vorbereitung und Begründung sind Kündigungen wegen wirtschaftlicher Einbußen in aller Regel machbar.
• Bei der betriebsbedingten Kündigung kann der Arbeitgeber die Entlassung auf einen dauerhaften Umsatzrückgang oder eine Umstrukturierung seines Betriebs stützen; dies muss aber sehr gut vorbereitet sein.
• Eine fristlose Kündigung kommt nur bei schwerem Fehlverhalten des Arbeitnehmers oder bei ordentlicher Unkündbarkeit in Betracht.
• In Kleinbetrieben und während der Probezeit braucht der Arbeitgeber keinen Kündigungsgrund und sollte auch keinen Kündigungsgrund benennen.
• Auch bei Kurzarbeit ist eine Kündigung möglich. Der Arbeitgeber sollte sich aber nicht auf denselben Grund berufen, den er auch für die Kurzarbeit angegeben hat.
• Eine Kündigung wegen Quarantäne oder einer Infektion mit dem Corona-Virus scheidet regelmäßig aus.

Kontaktieren Sie uns gerne unter 0211 555558 oder unter info@kanzlei-hautumm.de