Immer wieder kommt es in unserer anwaltlichen Praxis vor, dass (ehemalige) Mitarbeiter, nicht selten auch Führungskräfte, vom Arbeitgeber in Anspruch genommen werden Schadensersatz zu leisten. Hierbei stehen selten sieben- teilweise sogar achtstellige Summen im Raum.

 

  1. Weshalb nehmen Arbeitgeber Mitarbeiter auf Schadensersatz in Anspruch?

 

Hier kommen die unterschiedlichsten Gründe in Betracht. Den meisten Verfahren lagen taktische Erwägungen auf Unternehmensseite zugrunde, bspw. um Verhandlungsmasse zu schaffen und Gegenansprüche nicht erfüllen zu müssen. Inhaltlich war in vielen Verfahren relativ schnell klar, dass die Ansprüche wenig Substanz aufwiesen.

 

Bereits begleitet haben wir Verfahren, in denen Mitarbeiter gegen ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot verstoßen haben sollen. Ein Mitarbeiter bspw. soll bei einem Konkurrenzunternehmen angefangen und somit gegen das Wettbewerbsverbot verstoßen haben. Neben der Vertragsstrafe wurde ein erheblicher Schadensersatz geltend gemacht, da unser Mandant für den Verlust bestimmter Aufträge verantwortlich sei. Dies entsprach jedoch nicht der Wahrheit, der Anspruch konnte relativ einfach abgewehrt werden.

 

In einem weiteren Fall wurde einem Mitarbeiter vorgeworfen, dass er Kollegen abgeworben habe, damit diese mit ihm zur Konkurrenz wechselten. Auch dieser Vorwurf entsprach nicht der Wahrheit, da unser Mandant das Weggehen der Mitarbeiter nicht (mit)verursacht hatte. Man versagte unserem Mandanten den Bonus und machte Gegenansprüche geltend bzgl. Schadensersatz. Letztlich wurde unserem Mandanten der Großteil seines Bonus ausgezahlt und auf Schadensersatz verzichtet.

 

In einem anderen Verfahren wurde unserem Mandanten vorgeworfen, er habe an einem Kartellverstoß mitgewirkt. Auch dieser Tatvorwurf war aus der Luft gegriffen; es konnten keine Nachweise erbracht werden, der Anspruch wurde letztlich fallen gelassen.

 

Oftmals geht es auch darum, dass Unternehmen eigene Schuld auf Mitarbeiter abwälzen wollen. In dem bekannten Diesel Skandal wurde einer ehemaligen Ingenieurin vorgeworfen, am Einbau und der Weiterentwicklung der Betrugs-Software beteiligt gewesen zu sein und nichts gegen deren millionenfachen Einsatz in Dieselwagen unternommen zu haben. Man erwarte von Mitarbeitern in entsprechenden Funktionen, dass sie Pflichtverstöße melden. Die Mitarbeiterin hatte sich u.a. auch damit erfolgreich verteidigt, dass übergeordnete Managementebenen an den Manipulationen mitgewirkt hätten; das Löschen von Daten sei auf Anweisung erfolgt.

 

Ein Mitarbeiter kommt – positiv auf Corona getestet – zur Arbeit, steckt nicht beabsichtigt mehrere Kollegen an und legt damit die Produktion lahm. Auch solche Fälle können zu Schadensersatz führen.

 

Schadensersatzpflichtige Verstöße sind auf vielfältigen Ebenen denkbar und oftmals ist Mitarbeitern gar nicht bewusst, dass ein bestimmtes Verhalten zu einem großen Schaden führen kann.

 

  1. Nach welchen Kriterien bemisst sich die Haftung des Arbeitnehmers

 

Die Haftung des Arbeitnehmers hängt von dem Grad seines Verschuldens ab.

 

Vorsätzlich verursachte Schäden hat der Mitarbeiter grundsätzlich in vollem Umfang zu tragen. Hierunter fiele bspw. die Mitwirkung an einer Manipulation von Software.

 

Auch bei grober Fahrlässigkeit haftet der Mitarbeiter grundsätzlich voll, es sind jedoch ausnahmsweise Haftungseinschränkungen möglich. Eine Haftungsbegrenzung durch Begrenzung der Schadenssumme kann in Betracht kommen, wenn der Verdienst des Arbeitnehmers in einem krassen Missverhältnis zum verwirklichten Schadensrisiko steht. Ein solches Missverhältnis besteht regelmäßig nicht, wenn der Schaden nicht erheblich über einem Bruttomonatsverdienst des Arbeitnehmers liegt.

 

Bei mittlerer Fahrlässigkeit muss der Mitarbeiter den Schaden anteilig tragen. Ob und ggf. in welchem Umfang der Arbeitnehmer zum Ersatz verpflichtet ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls; dies müssen abgewogen werden, insbesondere Schadensanlass und Schadensfolgen, nach Billigkeits- und Zumutbarkeitsgesichtspunkten sind zu berücksichtigen. Hier spielt auch das dem Arbeitnehmer zur Last fallende Verschulden, die Gefahrgeneigtheit der Arbeit, die Höhe des Schadens, die Versicherbarkeit des Risikos, die Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb und die Höhe seines Arbeitsentgelts eine Rolle sowie die persönlichen Umstände des Mitarbeiters, wie etwa die Dauer der Betriebszugehörigkeit, sein Lebensalter, seine Familienverhältnisse sowie das bisherige Verhalten des Arbeitnehmers.

 

Bei einfacher Fahrlässigkeit haftet der Arbeitnehmer in der Regel nicht.

 

  1. Verteidigungsmöglichkeiten des Arbeitnehmers

 

Droht eine Inanspruchnahme durch den Arbeitgeber ist es ratsam, sich entsprechend vorzubereiten. Oftmals wird dem Mitarbeiter dann auch der Dienstrechner entzogen und es fehlt der Zugriff auf wichtige Dokumente. Eine wirksame Verteidigungslinie besteht nicht selten darin, darzulegen, dass höhere Management Ebenen das Handeln des Mitarbeiters zumindest geduldet haben, wenn nicht sogar gefördert haben. In der Regel bestreitet dies das Unternehmen und die höheren Manager weisen dann regelmäßig erstaunliche Erinnerungslücken auf. Hier kann es wichtig sein, frühzeitig Dokumente, E-Mails etc. zu sichern, die beweisen oder zumindest ein als Indiz angeführt werden können, das Wissen der höheren Ebenen zu belegen.

 

Ist der Arbeitnehmer bereits in Anspruch genommen worden, kann die richtige Verteidigungsstrategie nur im Einzelfall ausgelotet werden. Entscheidend ist dabei, wie die Darlegungs- und Beweislast verteilt ist. Muss der Arbeitgeber bspw. den behaupteten Pflichtverstoß sowie den vermeintlich entstandenen Schaden nachweisen, besteht erst einmal kein Handlungsdruck und man kann das Verfahren in Ruhe auf sich zukommen lassen. Die Hauptaufgabe des Anwalts besteht hier oft darin, den Mandanten zu beruhigen die Nerven zu bewahren. Auch wenn der Vorwurf haltlos ist, belasten solche Verfahren den Mitarbeiter in der Regel dennoch erheblich. Oftmals scheitern die Ansprüche daran, dass der Arbeitgeber entweder den Pflichtverstoß und/oder ein Schaden nicht nachweisen kann. Um die Belastung hier für den Mandanten so gering wie möglich zu halten, ist es als Anwalt ratsam, den Arbeitgeber schnell zur Substantiierung seiner Ansprüche aufzufordern. Kommt hier wie häufig keine ausreichende Auskunft, folgt erfahrungsgemäß auch kein weiterer Vortrag mehr dazu. Dann ist das Verfahren schon so gut wie gewonnen. Folgt hingegen detaillierter Vortrag, muss eine genauere Untersuchung erfolgen. Hier ist dann vor allem zu erörtern, wer davon noch wusste und was die Beweggründe waren. Es macht einen erheblichen Unterschied, ob ein Mitarbeiter im Sinne des Unternehmens versucht und sich dabei möglicherweise nicht 100% korrekter Methoden bedient. War hier möglicherweise ein sehr hoher interner Umsatzdruck? Kann das belegt werden? Gibt es eine Mitschuld von höheren Ebenen? Gab es ein Compliance System?  Die dann zu erörternden Fragen können nicht generell hier aufgeführt werden, sondern sind individuell auf den jeweiligen Fall zuzuschneiden.

 

  1. Worauf sollte unbedingt geachtet werden?

 

Auf keinen Fall sollte der Mitarbeiter emotional und vorschnell reagieren. Hier können viele Fehler passieren, die die eigene Situation erstmals richtig verschlechtern. So können haltlose – einfach abzuwehrende Vorwürfe – bspw. dazu führen, dass Mitarbeiter sich hektisch seitenweise Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse vom Server herunterladen oder von der Dienst-E-Mail-Adresse an ihre eigene Adresse schicken. Auch Drohungen gegenüber der Geschäftsführung, dass diese doch selbst „Dreck am Stecken“ habe und man sich notfalls an die Presse wende, sind keine gute Ideen in dem Moment. Grundsätzlich gilt: Einen kühlen Kopf zu bewahren und die nächsten Schritte mit einem Anwalt des Vertrauens zu besprechen kann nicht verkehrt sein. Existiert eine Versicherung oder eine sog. D&O-Versicherung, sollte diese frühzeitig informiert werden, um eine sichere Deckung zu erwirken.

 

Kontaktieren Sie uns gerne, sollten Ihnen ein Schadensersatzanspruch drohen oder sollten Sie bereits in Anspruch genommen worden sein.