Ein Arbeitszeitbetrug ist schnell begangen und kann schlimmstenfalls eine Kündigung nach sich ziehen. Wann eine Kündigung wegen Arbeitszeitbetrugs möglich ist, erfahren Sie in diesem Beitrag.

1. Was versteht man unter einem Arbeitszeitbetrug?
2. Wann führt Arbeitszeitbetrug zur Abmahnung?
3. Kann Arbeitszeitbetrug auch eine Kündigung nach sich ziehen?
4. Wie kann ein Arbeitszeitbetrug nachgewiesen werden?
5. Wie sollte man sich im Falle einer Kündigung verhalten?
6. Fazit

1. Was versteht man unter einem Arbeitszeitbetrug?

Durch den Arbeitsvertrag sind Arbeitnehmer dazu verpflichtet, eine bestimmte Tätigkeit über eine gewisse Zeit auszuüben.

Einen Arbeitszeitbetrug begeht ein Arbeitnehmer, wenn er seine Arbeitszeit nicht richtig angibt und sich somit Arbeitszeit bezahlen lässt, in der er gar nicht gearbeitet hat. Von einem Arbeitszeitbetrug spricht man streng genommen ab der ersten falsch angegebenen Minute.

Beispiele für einen Arbeitszeitbetrug sind insbesondere folgende Fallgruppen:

• Pausen die dem Arbeitnehmer nicht zustehen:
Raucherpausen, in denen sich der Arbeitnehmer nicht ausstempelt, oder das Überziehen der Mittagspause
• Falsches Erfassen der geleisteten Arbeitszeit:
Ein Kollege stempelt einen Mitarbeiter, der bereits gegangen ist, später aus oder manipuliert die Stempeluhr auf anderem Wege.
• Private Tätigkeiten während der Arbeitszeit:
Privates Telefonieren, Zeitung lesen oder das Schreiben von privaten Kurznachrichten

Doch nicht jede Tätigkeit am Arbeitsplatz, die nicht die konkrete Arbeit betrifft, stellt einen Arbeitszeitbetrug dar. Kurze Pausen wie Toilettengänge oder ein kurzer Plausch mit Kollegen sind grundsätzlich erlaubt.

Abzugrenzen ist der Arbeitszeitbetrug außerdem von einem Arbeitszeitverstoß. Anders als bei einem Arbeitszeitbetrug täuscht der Arbeitnehmer hier nicht über die Stunden, die er gearbeitet hat, sondern hält sich lediglich nicht an die vereinbarten Zeiten. Er versucht dies aber auch nicht zu vertuschen. Die Grenzen sind gerade in modernen Arbeitszeitmodellen fließend.

Ein solcher Arbeitszeitverstoß liegt zum Beispiel vor, wenn Sie als Arbeitnehmer aufgrund des Berufsverkehrs zu spät zur Arbeit erscheinen, sich aber ordnungsgemäß einstempeln. Ein Betrug ist es erst, wenn Sie angeben, pünktlich gewesen zu sein.

2. Wann führt Arbeitszeitbetrug zur Abmahnung?

Auf einen Arbeitszeitbetrug kann ein Arbeitgeber mit verschiedenen Maßnahmen reagieren. Möglich ist zunächst eine Abmahnung, die eine Vorstufe zur verhaltensbedingten Kündigung darstellt. Zur Abmahnung greift der Arbeitgeber häufig, wenn es sich um den erstem und um einen aus Sicht des Arbeitgebers nicht wesentlichen „Arbeitszeitbetrug“ handelt. Wobei die Wertung „Betrug“ oftmals schon für sich spricht.

Die Abmahnung soll
• den Arbeitnehmer auf ein bestimmtes Fehlverhalten hinweisen,
• ihn auffordern, dieses Fehlverhalten in Zukunft zu unterlassen und
• vor schärferen Maßnahmen, insbesondere der Kündigung, warnen.

Der Arbeitnehmer bekommt also „eine zweite Chance“.

Die Abmahnung ist im Zusammenhang mit dem Arbeitszeitbetrug allerdings nicht in jedem Fall üblich. Oft sprechen Arbeitgeber gleich eine verhaltensbedingte oder gar fristlose Kündigung aus, weil ihr Vertrauen erheblich belastet ist. In diesen Fällen lohnt sich einmal mehr die Überprüfung der Kündigung durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht.

Doch wann ist eine Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung möglich? Um die Frage zu beantworten, müssen verschiedene Aspekte des Einzelfalls beachtet werden. Dies sind unter anderem:

• Grad des Verschuldens (hat der Arbeitnehmer vorsätzlich gehandelt? Oder wusste er nicht, dass er z.B. nicht privat im Internet surfen darf?)
• Dauer der Betriebszugehörigkeit (arbeitet er seit wenigen Monaten im Betrieb? Oder schon seit vielen Jahren?)
• Zeitdauer der Pflichtverletzung (wurde über eine oder eine Vielzahl von Stunden getäuscht?)
• Ausmaß der Wiederholungsgefahr (ist der Arbeitnehmer bereit, sein Verhalten zu ändern? Oder sieht er sein Fehlverhalten nicht ein?)
• Voraussichtliche Wirkung der Abmahnung (wird sie den Arbeitnehmer „beeindrucken“ und von künftigen Pflichtverletzungen abhalten?)

3. Kann Arbeitszeitbetrug auch eine Kündigung nach sich ziehen?

Ja, ein Arbeitszeitbetrug führt in einigen Fällen zur Kündigung. Ob diese wirksam ist, hängt stark vom Einzelfall ab. Erforderlich ist in jedem Fall, dass

• zuvor bereits eine oder mehrere Abmahnungen wegen ähnlicher Vorfälle ausgesprochen wurden oder
• die Abmahnung ausnahmsweise entbehrlich ist (s.o.).

Der Arbeitszeitbetrug stellt eine Pflichtverletzung im Arbeitsverhältnis dar. Aus diesem Grund ist eine verhaltensbedingte Kündigung möglich. Das Arbeitsverhältnis ist dann nach dem Ablauf der Kündigungsfrist beendet. Bis zu diesem Zeitpunkt wird der Arbeitnehmer weiterbezahlt und muss meist auch weiterhin arbeiten.

Schlimmstenfalls kann der Arbeitszeitbetrug aber auch eine fristlose Kündigung nach sich ziehen. Das Arbeitsverhältnis endet dann sofort und der Arbeitnehmer erhält ab diesem Zeitpunkt kein Gehalt mehr. Aufgrund dieser einschneidenden Wirkung liegt die Schwelle für eine fristlose Kündigung hoch. Es muss nachgewiesen werden, dass dem Arbeitgeber die Zusammenarbeit selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht mehr zugemutet werden kann.

Ob eine fristlose Kündigung möglich ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Folgende Beispiele sollen dies veranschaulichen:

Der Arbeitnehmer A war am 21.05.2019 zur Frühschicht eingeteilt, die um 6:00 Uhr beginnt. Erst um 6:40 Uhr betrat er das Betriebsgelände und stempelte sich nicht in das Zeiterfassungssystem ein. Später beantragte er mit einem dafür vorgesehenen Formular eine Arbeitszeitkorrektur. Auf dem besagten Formular gab er an, von 6:00 Uhr bis 14:45 Uhr gearbeitet zu haben. Dies fiel auf und A wurde abgemahnt.
An zwei weiteren Tagen stellte der A erneut fehlerhafte – also von der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit abweichende – Anträge auf Arbeitszeitkorrekturen. Diese begründete er auf den Korrekturformularen unzutreffend mit „Karte vergessen“ bzw. „Stempelfehler“. Eine fristlose Kündigung ist in diesem Fall grundsätzlich gerechtfertigt (angelehnt an LAG Köln, Urteil vom 03.12.2020, 6 Sa 494/20).

Anders ist dies im folgenden Beispiel:

Außendienstmitarbeiter A hatte mit seinem Dienstfahrzeug, das er nicht privat nutzen durfte, während der Arbeitszeit mehrmals seine Wohnung aufgesucht, um die Toilette zu benutzen. Dafür nahm er kurze Umwege in Kauf. Als dies auffiel, wurde A fristlos gekündigt. Weil A aber schon 35 Jahre ohne Beanstandung für seine Arbeitgeberin tätig war und es sich nur um sehr kurze Umwege während der Arbeitszeit handelte, war die fristlose Kündigung nicht gerechtfertigt (angelehnt an LAG Düsseldorf, Urteil vom 18.12.2020, 6 Sa 522/20).

4. Wie kann ein Arbeitszeitbetrug nachgewiesen werden?

Unabhängig davon, ob der Arbeitgeber abmahnt oder kündigt, muss er nachweisen können, dass der Arbeitnehmer weniger gearbeitet hat als angeben. Ein solcher Nachweis ist unter Umständen nicht ganz einfach. Insbesondere Gleitzeit oder auch die Arbeit im Homeoffice erschweren den Beweis in einem späteren Prozess. Ausschlaggebend sind oft die Aussagen von Zeugen und Urkunden. Als Urkunden können unter anderem falsch ausgefüllte Zeiterfassungsbögen vorgelegt werden. Augenzeugen können z.B. bestätigen, dass der Arbeitnehmer zu spät im Büro erschienen ist.

Auch andere Nachweise sind möglich. Bei Ihnen besteht jedoch häufig die Gefahr, dass sie in einem späteren Prozess nicht zugelassen werden:

• Möglich ist es zum Beispiel, auf dem Computer des Arbeitnehmers eine Software zu installieren, um diesen zu überwachen. Hierbei bewegt sich der Arbeitgeber jedoch auf dünnem Eis. Je mehr Tätigkeiten die Software auf dem PC überwacht, desto eher ist anzunehmen, dass das Gericht den Beweis nicht zulässt. Schon die Einführung einer solchen – den Arbeitnehmer überwachenden Software – sollte sorgfältig geprüft werden, insbesondere wenn ein Betriebsrat besteht.

• Anders kann es jedoch sein, wenn der Verlauf im Browser mit den Pausenzeiten abgeglichen wird. Hat der Arbeitgeber einen konkreten Verdacht, darf er unter Umständen den Verlauf auswerten. Anders wird es sein, wenn ihm weniger datensensible Möglichkeiten der Nachprüfung offenstehen. So hat es das LAG Berlin-Brandenburg entschieden (5 SA 657/15).

5. Wie sollte man sich nach einer Kündigung verhalten?

Wird Ihnen ein Arbeitszeitbetrug vorgeworfen und Sie wurden daraufhin gekündigt? Sie sollten nun zügig handeln! Oftmals bestehen Möglichkeiten der Verteidigung, bspw. weil andere Vorschriften nicht korrekt beachten worden sind; so können Beweisverwertungsverbote, aber auch die Betriebsratsanhörung oder Fehler bei einer nicht korrekt oder gar nicht durchgeführten Verdachtsanhörung dazu führen, dass die Kündigung trotz Vorliegens eines klaren Arbeitszeitbetrugs unwirksam ist. Umgekehrt sollte ein Arbeitgeber nicht einfach kündigen, sondern die Kündigung sorgfältig und mit Bedacht vorbereiten, um nachher nicht zu unterliegen.

Ihnen bleiben lediglich drei Wochen, um die Kündigung vor einem Arbeitsgericht anzugreifen. Wenn Sie diese Frist verstreichen lassen, besteht keine Möglichkeit mehr, die Kündigung aus der Welt zu schaffen.

Dies bedeutet für Sie auch, dass Sie keine Abfindung mehr erstreiten können und Ihr Arbeitsplatz dauerhaft verloren ist.

Eine Kündigung wegen Arbeitszeitbetrug sollte daher gleich nach Erhalt einem Fachanwalt für Arbeitsrecht vorgelegt werden.

6. Fazit
• Täuscht der Arbeitnehmer über die abgeleistete Arbeitszeit, begeht er einen Arbeitszeitbetrug.
• Gelegentlich hat dies nur eine Abmahnung zur Folge. In Betrugsfällen kann aber auch eine fristlose Kündigung ausgesprochen werden.
• Der Nachweis ist für den Arbeitgeber häufig schwierig. Nicht jedes Mittel darf zum Beweis eines Arbeitszeitbetrugs genutzt werden.
• Nach einer Kündigung muss der Arbeitnehmer schnell handeln, wenn er die Kündigung angreifen oder eine Abfindung aushandeln will – auch bei Vorliegen eines klaren Arbeitszeitbetrugs kann es Möglichkeiten der Verteidigung geben.